[BücherinBüchern] Von einer Reise voller Geschichten: „Mein wunderbares Bücherboot“ von Sarah Henshaw
Meine wundervolle Buchhandlung von Petra Hartlieb habe ich sehr gemocht und ich warte gespannt, auf den im September erscheinenden Nachfolger Weihnachten in der wundervollen Buchhandlung. Daher war ich sehr neugierig, als ich vor kurzem eine E-Mail von Edenbooks erhielt, in dem mir Mein wunderbares Bücherboot als Rezensionsexemplar angeboten wurde. Da mich die Verrücktheit, entgegen aller kaufmännischer Vernunft eine Buchhandlung zu eröffnen, immer wieder aufs Neue fasziniert, sagte ich direkt zu und einige Wochen später hielt ich das Buch bereits in der Hand. Da es heute erscheint, möchte ich es euch nun – für mich ungewöhnlich pünktlich – vorstellen!
Mein wunderbares Bücherboot
Die fixe Idee, einen schwimmenden Buchladen zu eröffnen? Die Journalistin Sarah Henshaw setzt diese kurz entschlossen um. Als die Geschäfte stagnieren, schipperten sie einfach von einem Örtchen ins nächste und bietet ihre Bücher gegen Bares oder gegen Tauschgeschäfte (vom neuen Haarschnitt, der Möglichkeit einer Duschbenutzung bis hin zu Lebensmitteln) an. Ihre 6-monatige Fahrt führt sie 1700 km durch Englands Kanäle und ist eigentlich mehr eine Reise zu sich selbst als der Versuch ein Geschäft zu führen. In Mein wunderbares Bücherboot beschreibt sie Monate voller Höhen und Tiefen und jeder Menge neuer Erfahrungen.
Der Big Green Bookshop hat mich ziemlich inspiriert. Der Laden wurde ein Jahr vor meinem eröffnet, mit einer ähnlich naiven Begeisterung à la „Hey, lass uns einen Buchladen aufmachen! Was soll da schon schiefgehen?“. Allerdings mit dem kleinen Unterschied, dass beide Eigentümer zusammen über 35 Jahre Erfahrung hatten und ich keine.
Mein wunderbares Bücherboot, Seite 122
Eine Reise voller Unwägsamkeiten
Mein wunderbares Bücherboot handelt weniger von einem Buchladen als vielmehr von dem Wunsch, die Begeisterung für Geschichten weiterzugehen. Sarah Henshaw ist keine Buchhändlerin und das gibt sie auch offen zu. Als geradezu naiv lassen sich ihre buchhändlerischen Fähigkeiten zusammen fassen. Dennoch verfolgt sie ihre Pläne mit einem Mix aus (Literatur-)Begeisterung und Ausweglosigkeit, den ich bewundere. Auf ihrer Reise lernt sie nicht nur viel über Englands Kanäle, sondern auch über Hilfsbereitschaft und freundliche Menschen. Zwar chronologisch, aber klein portioniert, gibt sie immer wieder Anekdoten aus dem Alltag ihres schwimmenden Bücherladens zum Besten. Besonders die Beschreibungen ihrer Tauschgeschäfte fand ich herrlich zu lesen.
Ein weiterer Grund, weshalb ich Buchläden so liebe, ist eben der, dass ihre Inhaber bestimmt genauso denken. Sie wissen um den Puls der Fantasie. Hinter all den Buchrücken erkennen sie, wie uns die Geschichten aufrechterhalten. Ein gutes Buch ist Theater im Kopf. Beim Lesen sollte es sein, als spiele sich die Handlung vor dem geistigen Auge ab wie in einem Stück.
Mein wunderbares Bücherboot, Seite 127
Ich mochte die kurzen Episoden und Henshaws herzliche Art, die sie sehr sympathisch wirken lässt. Allerdings hatte ich mir doch ein wenig mehr Beschreibungen aus dem Buchladen-Alltag gewünscht und etwas weniger Kanalgeschichten. Zwar handelt es sich bei The Book Barge um ein Geschäft, dies kommt in der Beschreibung ihrer Geschichte jedoch zu kurz. Zwar gibt es einige Stellen, in denen sich explizit mit dem britischen Buchmarkt auseinandergesetzt wird, wie beispielsweise ein Brief an den Amazon-Gründer mit dem Hinweis auf den Film E-Mail für dich (kennt den noch jemand? Alter Film, aber einer der Lieblinge meiner Mutter). Doch Henshaws Ziel ist ihre Reise und nicht der Verkauf von Büchern und so erhalten wir zwar immer wieder Einblicke in Bücher und Geschichten, die ihr Leben prägten, aber diese Abschnitte werden überlagert von Beschreibungen von einem Kanalwechsel nach dem anderen. Man muss sich auch eingestehen, dass sich die Geschichte einer schwimmenden Buchhandlung wohl nicht ohne ihre Fahrten von einer Stadt in die nächste erzählen ließe. Doch da der englische Buchmarkt gänzlich ohne Buchpreisbindung auskommt, welche auch hierzulande zuletzt wieder von Kritikern für obsolet erklärt wurde, hätte ich mir mehr Hintergründe über das Führen eines Buchladens (und das Leben in demselben) erhofft. Zwar deutet Henshaw Schulden an und schildert immer wieder Versuche, ihren Absatz zu steigern, doch konzentriert sie sich bei ihrer Erzählung nicht auf den Buchladen sondern auf ihr Reiseziel und dazugehörige Hindernisse (wie das Fehlen von Geld um einen Gewerbeschein in einer Stadt zu erhalten). Doch Henshaw gibt ihre Probleme auf sympathische Art wieder und auch ihre Lösungen sind unkonventionell, aber liebenswert. Und schließlich schimmert immer wieder diese verrückte Liebe zur Literatur durch, immer wieder zitiert Henshaw ihre Lieblingsbücher oder schafft es eine Geschichte zugleich auch in einem Buch wiederzufinden. Daher bewundere ich ihren Mut, auch wenn er aus Verzweiflung geboren wurde, und wünsche ihr für die Zukunft alles Gute! Denn The Book Barge eröffnet 2019 in Frankreich wieder seine Türen…
Fazit: Anfängerin eröffnet einen schwimmenden Buchladen und kämpft mit der Navigation gleichsam wie mit fehlenden Kunden. Amüsante Anekdoten einer ungewöhnlichen Reise.
Das Buch
Mein wunderbares Bücherboot von Sarah Henshaw
Edenbooks
Das Bücherboot im Internet: The Book Barge
Ein Kommentar
Regina Kummetz
Liebe Jennifer,
spät bin ich auf diese Rezension gestoßen (BücherinBüchern), aber nun steht es auf meiner Wunschliste der Bücher, die mich vor dem Einschlafen in andere Welten sanft begleiten.
Danke für den Tipp, liebe Grüße aus Wien,
Regina