Geballte Recherchen: „Angst für Deutschland“ und „Das Netzwerk der Neuen Rechten“|Sachbuch
Auch wenn die Titel schon etwas älter sind, thematisch sind sie leider immer noch hochaktuell. Daher möchte ich euch heute zwei gut recherchierte Bücher mit vielen Hintergrundinformationen zur Entstehung der AfD und zu den Netzwerken der Neuen Rechten vorstellen.
Angst für Deutschland von Melanie Amann
Melanie Amann ist seit April 2013 Politredakteurin im Berliner Büro des Spiegels. Seit der Entstehung der AfD beobachtet sie diese und analysiert die Partei und deren wichtigste Akteure immer wieder. In ihrem Buch Angst für Deutschland zeichnet sie den Werdegang der wichtigsten Entstehensfiguren der Partei nach. Dabei beginnt sie mit dem politischen und gesellschaftlichen Klima rund um die Veröffentlichungen Sarrazins (Deutschland schafft sich ab, u. a.). Über die ersten Entstehensbemühungen der noch jungen Partei, die anschließende stufenweise Radikalisierung, über die Bildung der beiden Lager in der AfD bis hin zum Aufstieg und Fall von Frauke Petry zeichnet Amann ein detailliertes Bild der Partei nach. Zum Ende hin diskutiert sie den Umgang mit der Partei, wobei anzumerken ist, dass das Buch im März 2018 beendet wurde. Allzu aktuelle Entwicklungen konnten also nicht aufgegriffen werden. Dennoch bietet das Buch einigen Mehrwert für das Verständnis der Partei und einen möglichen politischen Umgang mit ihr.
Aus persönlichem journalistischen Interesse habe ich die Berichterstattung über die AfD und insbesondere über Frauke Petry sehr intensiv verfolgt. Dennoch fand ich den ruhigen und einordnenden Ton Amanns sehr hilfreich für eine tiefergehende Analyse. Amann hat zudem viele Details zusammengetragen, die mir unbekannt waren, beispielsweise, dass Alexander Gauland bereits seit den Anfängen der Partei eine zentrale Rolle spielte, auch wenn er für die Öffentlichkeit lange eine Hintergrundfigur blieb. Insgesamt hat sich das Buch durch eben diesen Mix aus ruhiger Analyse und scharfsinniger Einordnung mit jeder Menge Informationen ausgezeichnet! Auch wenn die Erscheinung schon eine Weile her ist, würde ich die Lektüre empfehlen. Leider bietet das Buch wenig praktische Umsetzungsmöglichkeiten für den Umgang mit AfD und ihrem Parteipersonal. Dennoch bietet Amann viele Hintergrundinformationen über die AfD und zudem einige kluge Gedanken in Bezug auf einen möglichen journalistischen wie gesellschaftlichen Umgang mit ihr.
Fazit: Ruhige und sachliche Analyse der Partei und ihrer wichtigsten Akteure mit vielen bekannten und unbekannten Hintergrundinformationen!
Das Netzwerk der Neuen Rechten von Christian Fuchs und Paul Middelhoff
Die beiden Journalisten Christian Fuchs und Paul Middelhoff arbeiten beide als Investigativ-Reporter für die ZEIT. Dort beschäftigen sie sich seit Jahren unter anderem mit Rechtsextremismus und den Neuen Rechten. In ihrem Buch Das Netzwerk der Neuen Rechten tragen sie ihre jahrelangen Recherche-Ergebnisse zusammen und zeigen eindrucksvoll wie engmaschig die Szene vernetzt ist. Ähnlich wie Volker Weiß mit Die autoritäre Revolte benennen sie Szenegrößen und Vordenker der Neuen Rechten. Darüber hinaus zeigen sie jedoch, wie nicht nur intellektuelle Ideen, sondern auch finanzielle Mittel innerhalb der Szene geteilt werden. Besonders letzteres ist hochbrisant, da es für politische Spenden eine Vielzahl von Regelungen gibt. Durch diverse rechte Organisationen können Gelder jedoch ohne Namensnennung von Privatpersonen an Parteien weitergegeben werden. Fuchs und Middelhoff schauen trotzdem genauer hin und geben mit ihrem Buch einen guten Eindruck von der finanziellen Vernetzung der Szene.
Besonders gelungen fand ich die Verknüpfung von intellektuellen wie finanziellen Aspekten. Wo Volker Weiß sich alleine auf die Vernetzung wichtiger Akteure der Neuen Rechten konzentrierte, nehmen Fuchs und Middelhoff mit ihrer Konzentration auf finanzielle Netzwerke einen wichtigen neuen Aspekt mit auf. Gegen das Buch wurde nach Verlagsinformation bereits geklagt. Auch wenn Das Netzwerk der Neuen Rechten ebenfalls einige Monate alt ist, die enthaltenen Recherchen und Informationen sind keinesfalls veraltet!
Zusätzlich zum Buch gibt es auf einer eigenen Website eine Liste mit Organisationen und eine interaktive Deutschlandkarte.
Fazit: Jahrelange, aufwendige Recherche knapp zusammengefasst. Die Lektüre vermittelt ein besseres Verständnis über insbesondere finanzielle, aber auch intellektuelle Flüsse innerhalb der Szene.
Das könnte euch auch interessieren:
Die autoritäre Revolte von Volker Weiß – Das Who’s who der rechten Intellektuellen
#Tunwirwas & Macht Platz! – 2 politische Einsteigerbücher für junge Menschen
Gegen Trump. Wie es dazu kam und was wir jetzt tun müssen – Über Klimapolitik und Entwicklung des gesellschaftlichen Klimas in den USA (Titel führt ein wenig in die Irre, geht nicht primär um Trump, sondern allgemein um die Klimapolitik der USA)
Weitere thematische Buchempfehlung findet ihr hier: Sachbuch & Themen
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Angst für Deutschland von Melanie Amann
336 Seiten
erschienen März 2018
Droemer
Das Netzwerk der neuen Rechten von Christian Fuchs und Paul Middelhoff
288 Seiten
erschienen März 2019
Rowohlt Polaris
Beide Bücher wurden mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt!
Herzlichen Dank an die Verlage!