[Graphic Novel] Über Andersartigkeit: "Schattenspringer" von Daniela Schreiter
Rezension

[Graphic Novel] Über Andersartigkeit: „Schattenspringer“ von Daniela Schreiter

Bereits seit längerem stand die Graphic Novel Schattenspringer auf meiner Wunschliste, dann hatte ich sie mir gegönnt. An nur einem Abend habe ich das Buch durchgelesen und konnte es gar nicht mehr aus der Hand legen. Die Lektüre kann ich daher nur jedem ans Herz legen! 

Was war Autismus noch mal?!

Autismus ist ein großes Wort und dahinter verbergen sich viele verschiedene Facetten einer komplexen Entwicklungsstörung. Kein Wunder, dass es für Nicht-Betroffene schwierig ist, die Störung und ihre Auswirkungen auf den Alltag nachzuvollziehen. Meine eigenen Kenntnisse über Autismus beruhten bislang vor allem auf Darstellungen in Büchern (oftmals durch Rand- oder Nebenfiguren) oder Filmen. Dass die Darstellung in der Regel sehr stereotyp ist und viele von Autismus Betroffene (Autisten ebenso wie Angehörige oder Bekannte von Autisten) dies mitunter seit Jahren kritisieren, ist wenig überraschend. Umso schöner, dass die Graphic Novel Schattenspringer einen sehr einfühlsamen Einblick ins Thema bietet.

Schattenspringer. Wie es ist, anders zu sein von Daniela Schreiter

Daniela Schreiter ist Autistin. Für ihren Alltag hat das enorme Auswirkungen, denn verschiedenste Reize setzen sie unter Druck. Vom Licht über laute Geräusche bis hin zu unangenehmen sensorischen Reizen wie unbequemem Stoff auf der Haut ist alles dabei. Die Graphic Novel stellt einen Einstieg in Danielas Welt dar und beschreibt vor allem ihre Kindheit, auch wenn bereits einige Einblicke in ihre Jugend und Erwachsenenwelt gegeben werden.

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Simpel und doch einfühlsam

Am meisten beeindruckte mich die Sensibilität mit der Daniela Schreiter von ihrem Leben erzählte. Sie zeigt sich dem Leser ganz unversteckt und gleichzeitig doch so unpersönlich, dass aus ihr ein Beinahe-Prototyp eines Autisten wird. Dabei betont sie selbst immer wieder, dass Autisten (wie alle anderen Menschen auch) einzigartig sind und daher jede*r unterschiedlich auf Situationen oder Reize reagiert. Was der eine als gerade noch erträglich empfindet, das ist für den anderen überhaupt kein Problem. So kann man zwar ein wenig besser abschätzen, wo Probleme oder Beeinträchtigungen im Alltag liegen können, aber vergisst niemals den Menschen hinter dem Autismus zu sehen. Die Graphic Novel wird in verschiedenen Bänden fortgesetzt und ich bin schon sehr gespannt auf weitere Stationen ihres Lebens.

Die Zeichnungen und Bebilderungen sind ebenfalls schön simpel und nicht zu überladen mit Details. So kann man sich ganz auf die Personen und ihre Emotionen konzentrieren. Während die ersten Bilder noch farbig sind, wechselt die Darstellung dann zu reinen Schwarzweiß-Bildern. Das irritierte mich anfangs sehr, vor allem direkt nach dem Wechsel, bis ich mich an die neue Darstellung gewöhnt hatte. Im Nachhinein betrachtet ist es aber ein sehr lehrreicher (kleiner) Eindruck davon, wie sehr wir alle auf sensorische Reize (in dem Fall auf den Wegfall von Farbe) reagieren. Bis zum Schluss fragte ich mich, ob dies bewusst so gemacht war.

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Noch kurz ein paar Worte zum Begriff Schattenspringer: Es gibt auf Seite 45, also relativ weit vorne, einen kurzen Dialog mit Danielas Mutter, in dem diese ihre Tochter tröstend darauf hinweist, dass Daniela nicht anders sei, sondern sich nur mehr an ihre Umwelt (also die „normale“ Welt) anpassen müsste. Bei dieser Stelle bekam ich eine regelrechte Gänsehaut, weil mir da erst die ganze Dimension der Einschränkung bewusst wurde. Was für ein Gefühl muss es sein, wenn man immer den Eindruck vermittelt bekommt, dass man selbst sich anpassen muss und nur innerhalb sehr enger Grenzen, nämlich dem eigenen Zuhause, uneingeschränkt man selbst sein kann?! Es gibt über Behinderungen den treffenden Spruch, dass man nicht „behindert ist“, sondern von der Gesellschaft „behindert wird“ im Ausleben des eigenen Selbsts und ich finde, dass dies hier wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge passt.

Fazit: Sehr nachvollziehbar und höchst einfühlsam nimmt Daniela Schreiter uns mit in die Gefühlswelt ihrer Kindheit und Jugend. Neben allgemeinen Fakten über Autismus erfährt man vor allem, wie schwierig sich der Alltag für eine Autistin gestalten kann und wird für das Thema Autismus insgesamt sensibilisiert. Sehr lesenswert!


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Schattenspringer. Wie es ist, anders zu sein von Daniela Schreiter
160 Seiten, 19,99 Euro
Panini

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