[MF] Meinungsfreiheit, Klima, Zukunft: Meine Lieblingsdystopie
Irgendwie habe ich fast mit einer Frage zu politischen Büchern gerechnet, nachdem das Wochenende mit der Europawahl gerade erst vorüber ist. Selten war meine komplette (!) Timeline so einhellig mit einem Thema beschäftigt.
Mit einer gewissen Faszination (und auch einem leichten Hang zur Aufregung) habe ich zudem das Spektakel der CDU online verfolgt. Was man nun auch von Rezos Video halten möchte, es ist doch toll, wenn sich möglichst viele Menschen mit Politik beschäftigen! Und man sollte niemandem am Anspruch sachlicher Auseinandersetzung und journalistischer Sorgfaltspflicht messen, der kein Journalist ist. Die Unbeholfenheit der CDU im Umgang mit dem Video, aber auch der daran anschließenden Kritik in den Sozialen Medien war fast schon witzig mit anzusehen. Die Arroganz und auch der absolute Unwille zum Dialog dagegen fast schmerzhaft, besonders nach Frau Kramp-Karrenbauers letzten Statement, das Wahlaufrufe bzw. der Aufruf bestimmte Parteien nicht zu wählen „reguliert“ werden müssten. Wer ernsthaft glaubt, dass die Meinungsfreiheit in Wahlkampfzeiten eingeschränkt werden sollte, sollte dringend noch einmal einen Blick in das Grundgesetz werfen!
Insofern ist Antonias Montagsfrage nach Dystopien gar nicht so unaktuell:
Was ist deine Lieblings-Dystopie und warum?
Ich muss sagen, dass mir die Wahl meiner Lieblingsdystopie nicht leicht fällt. Eines der ersten Bücher, ganz abgesehen vom bekannten 1984 (ebenfalls eine große Empfehlung!) an die ich denken musste, ist Fremdes Land von Thomas Sautner. Darin wird sehr eindrücklich beschrieben, wie eine Welt aussieht, in der die Öffentlichkeit über Meinungsmache gesteuert wird. Zudem werden noch weitere Aspekte angesprochen, etwa auch die sich verändernde Umwelt.
Rezension zu Fremdes Land
Ein anderes Buch hat es mir aber noch stärker angetan: Die Geschichte der Bienen von Maja Lunde. Als ich mein Bücherregal auf der Suche nach Dystopien durchging, musste ich bei dieser Geschichte (ich habe das Hörbuch gehört) kurz stoppen und auch kurz abwägen, ob ich es als Dystopie auffassen würde. Das tue ich, denn besonders die dritte Zeitebene spielt eindeutig in der Zukunft. Zudem wird mittels der Gegenwart und der Vergangenheit klar gemacht, dass sich Entwicklungen bereits frühzeitig abzeichnen und vieles verhindert hätte werden können, hätte früher ein gesellschaftliches Umdenken eingesetzt. Dass Die Geschichte der Bienen sich mit dem Verschwinden der Bienen und den daraus resultierenden Folgen beschäftigt finde ich in Zeiten zunehmenden Artensterbens zudem sehr wichtig. Ich glaube, dass uns Menschen das Bewusstsein für unsere Umwelt und die Sensibilität von Ökosystemen abhanden gekommen ist, da wir uns selbst das trügerische Gefühl vermitteln, dass wir alles um uns herum kontrollieren. Dass das Gegenteil der Fall ist, zeigt Die Geschichte der Bienen.
Rezension zu Die Geschichte der Bienen
Was ist eure Lieblingsdystopie? Ich freue mich immer über Buchempfehlungen von euch!
10 Kommentare
sanne
Ich habe es noch nicht ausgelesen, aber ich glaube, es könnte GRM von Sybille Berg werden. Das macht richtig schlechte Laune, weil es schon so dicht dran und so leicht vorstellbar ist.
Jennifer
Das kenne ich noch nicht, aber ich werds mir mal anschauen 🙂
Danke für den Hinweis!
Jürgen Albers
Hallo Jennifer,
also meine absolute und nie mehr zu toppende Dystopie ist immer noch „Fahrenheit 451“. Ein Buch, das mich so erschreckt hat, meine Liebe zu Büchern, dem geschriebenen Wort mit geprägt hat. Ich habe ein halbes Dutzend Ausgaben und lese mich immer wieder fest. Hinzu kommt noch, dass ich auch den Film mit dem genialen Oskar Werner sehr liebe.
LG, Jürgen
Jennifer
Hi Jürgen,
von Fahrenheit 451 habe ich tatsächlich schon viel positives gehört, aber irgendwie habe ich es nie geschafft es mal zu lesen. Du erinnerst mich daran, dass ich mir das mal vornehmen sollte 🙂
Liebe Grüße,
Jennifer
Taaya
Huhu,
arg, jetzt ärgere ich mich etwas, dass ich nur alle 3-4 Tage bei Bloglovin reinschaue und deshalb die schöne Frage verpasst habe – und damit die Möglichkeit, einen laaaangen Beitrag zu Utopien und Dystopien zu schreiben, und warum eigentlich fast jede als Utopie aufgefasste Welt in der Literatur eine Dystopie ist und …
Lange Rede, kurzer Sinn, meine Lieblingsdystopie bisher dürfte wohl QualityLand sein. Weil wir uns sehr stark auf diese Welt zubewegen und ihre Relevanz daher immer mehr steigt. Gleichzeitig gibt es darin die Hoffnung, dass vielleicht doch mal ein paar Leute (ob Roboter oder Mensch) klug genug sind, etwas zum Positiven zu verändern.
Natürlich sind solche Dinge wie 1984 oder auch in Teilen der USA mittlerweile wieder Fahrenheit 451 sehr aktuell. Und Brave New World ist sowohl mit dem Kapitalismus als auch mit dem sorglosen Umgang mit Sex auch schon recht dicht an unserer Wirklichkeit. Aber QualityLand ist noch mal ein wenig … schneller bei uns angekommen und daher ein noch etwas wichtigeres Mahnmal, dass wir etwas ändern müssen.
Aber um etwas zu ändern, fehlen uns vielleicht auch ein wenig die tatsächlichen, echten Utopien? Denn … wir wissen, wo welche Entwicklung schiefgehen kann, wissen aber nicht, wo welche wie dazu gebracht werden kann, ein für alle positives System zu schaffen. Vielleicht lähmt uns dieses Nichtwissen mit gleichzeitiger Angst vor den Dystopien noch etwas?
LG
Taaya
Jennifer
Hi Taaya,
kannst doch immer noch was über Dystopien schreiben! Scheint als hättest du ne Menge dazu zu sagen 😉
Gerade das mit dem Nichtwissen und der Angst vor Dystopien kann ich absolut unterschreiben! Das fand ich bei Der Geschichte der Bienen eben so wunderbar subtil dargestellt. Und ich denke, dass ist auch in der Realität so: Bloß nichts tun, könnte ja falsch sein!
Qualityland mochte ich ja auch sehr gerne! Allerdings war mir das inhaltlich zu nahe an vielen anderen Büchern und deshalb hatte es für mich nicht diesen WOW-Effekt, den Die Geschichte der Bienen hatte. Das zu hören (ich hatte ja das Hörbuch) war gleichzeitig toll und furchtbar, weil mans die ganze Zeit gewusst hat und dennoch war es nichts großes, ist halt passiert, hat sich halt keiner verantwortlich gefühlt, usw. Das hat mich schwer beeindruckt.
Liebe Grüße
Jennifer
Der Büchernarr
Um Die Geschichte der Bienen habe ich irgendwie bisher immer einen Bogen gemacht. Zu widersprüchlich sind die Meinungen zu diesem Buch, so dass ich nicht genau einzuschätzen vermag, ob ich es wirklich noch lesen werde…
Viele Grüße
Der Büchernarr Frank
Jennifer
Lieber Büchernarr,
ich glaube tatsächlich, dass ich Die Geschichte der Bienen nicht als Buch gelesen hätte. Irgendwie war mir der Wälzer in der Buchhandlung zu dick, bei sowas quäle ich mich meist mehr rum. Neugierig war ich dann aber eben doch!
Am Hörbuch mochte ich sowohl die Sprecher (das ist ja auch immer wichtig), außerdem hatte ich auch eine Phase in der ich viele längere Abschnitte hören konnte. Generell wechselt das Hörbuch (ich denke, im Buch ist es aber genauso) auch extrem oft zwischen den drei Zeitebenen, sodass es sehr kurzweilig zu hören ist.
Vielleicht kannst du dir das Buch (oder Hörbuch) irgendwo leihen und mal reinlesen / hören?
Auf alle Fälle wünsche ich dir viel Freude damit, wenn du es irgendwann liest!
Viele Grüße
Jennifer
Tina
Liebe Jennifer,
zu den Wahlergebnissen wurde gesagt, was gesagt werden musste/sollte/konnte und die Twittertimeline hat sich wieder etwas beruhigt, von daher gehe ich gnadenlos zum Thema Dystopie über.
„Die Geschichte der Bienen“ ging um die Welt, hat sogar ein paar Preise abgräumt, wenn ich mich nicht irre. Ich finde die angesprochene Thematik, das Aussterben von vielen Lebewesen, genauso wichtig wie du.
Ich bin der Meinung, dass der Mensch schon umdenkt, aber es kommt wahrscheinlich zu spät und erreicht noch nicht jeden. Ein blendendes Beispiel dafür ist die Plastikproblematik.
Man könnte endlos darüber diskutieren, philosophieren, demonstrieren und hoffentlich auch mit der entsprechenden Wirkung. Nur das wird dauern, wie so vieles.
Liebe Grüße
Tina
Jennifer
Liebe Tina,
ja, zur Politik wurde inzwischen alles gesagt, auch wenn man das Gefühl hat, dass es nicht bei allen ankam…
Ich hoffe, nein, ich glaube, dass Umwelt (als gesellschaftliches wie auch als politisches Thema) in den nächsten Jahren endlich die notwendige Aufmerksamkeit erhält und sich zumindest schrittweise was ändert. Zumindest in meinem Umkreis merke ich eine immer stärkere Beschäftigung mit den Themen Nachhaltigkeit und Umwelt. Plastikfreies Leben zum Beispiel, wie es viele zunehmend umzusetzen versuchen und ich glaube nach und nach wird auch die Wirtschaft mitziehen (bei Verpackungsmaterial wird zB schon seit Jahren geforscht, nur bisher noch nicht mit der Dringlichkeit, das es den Verbraucher konkret interessiert.
Schön finde ich, dass das Thema inzwischen auch in Büchern und Filmen thematisiert wird, irgendwann wird so jeder mal mit dem Thema konfrontiert. Aber ja, vermutlich geht es dennoch nicht schnell genug. Einstellen sollte man seine Bemühungen deshalb aber noch lange nicht 😉
Ganz liebe Grüße
Jennifer