Alltäglicher Rassismus: „Queenie“ von Candice Carty-Williams
In ihrem Debüt Queenie erzählt Candice Carty-Williams über das Leben und den Alltag einer jungen, schwarzen Frau in London. Hauptsächlich aber erzählt sie vom persönlichen Scheitern ihrer Figur, dem Scheitern an den eigenen Ansprüchen, aber auch denen anderer. Queenie wurde vielseits gelobt und oft mit Bridget Jones verglichen. Vor kurzem ist das Buch nun als Taschenbuch erschienen, eine passende Gelegenheit um zu fragen: Lohnt sich das Buch?
Leben und Scheitern in London
Die junge Queenie hat es nicht leicht im Leben: Ihr Freund macht zuerst eine Beziehungspause und schließlich Schluss. Ihr Job in der Zeitungsredaktion eines hippen, jungen Magazins sollte ihr Einstieg zur Karriere sein. Stattdessen vertrödelt sie ihre dortige Arbeitszeit, statt über die Themen zu schreiben, die ihr wichtig sind. Und die Familie treibt sie mit Druck und Erwartungen in den Wahnsinn. Wie bitte schön soll sie ihr Leben auf die Reihe kriegen? Auf der Suche nach Lösungen wird es zuerst einmal schlimmer, bevor es besser werden kann.
Rasant erzählt, aber schwer auszuhalten
Ziellos und glücklos lässt sich Queenie durch ihr Leben treiben. Statt nach Lösungen für ihre Probleme sucht sie stets nach dem nächsten Kick, oftmals auf Dates oder Partys. Dabei beschreibt sie den ihr täglich begegnenden Alltagsrassismus trocken und schonungslos, ohne ihn weiter zu kommentieren. Oft geht es um sexuelle Fetischierung ebenso wie rassistische Kommentare in der weißen Familie ihres Eben-Noch-Freundes. Dabei ist Queenie anderen gegenüber ebenso unkritisch wie sich selbst gegenüber, auch wenn ihr selbstzerstörerisches Verhalten mit der Zeit immer schwerer zu ertragen wird. Denn sich mit bedeutungslosem Sex von ihren Problemen ablenken, darin ist Queenie wirklich richtig gut! Die teils derbe Sprache und der Mix aus schnellen Dialogen und SMS-Protokollen lässt die Handlung wie in einem Rausch vorbeifliegen. Dazwischen bleibt kaum Raum für Queenies schwermütige Gedanken, von denen sie sich selbst nur zu gerne ablenken lässt. Der Vergleich zu Bridget Jones kommt nicht von ungefähr.
Einerseits verstehe ich diejenigen, die den Roman feiern, denn die rasante Erzählung und das unkommentierte Scheitern Queenies ziehen einen unweigerlich in den Bann. Andererseits machen genau diese das Buch auch so schwer auszuhalten. Denn Queenie entwickelt sich eigentlich kaum, sie wiederholt stets die gleichen selbstzerstörerischen Handlungsmuster. Dabei möchte man sie spätestens zur Mitte der Geschichte einfach nur packen und an den Schultern schütteln, um ihr ein wenig Verstand einzubläuen. Denn Queenie fällt von einem Extrem ins Andere, Zwischentöne scheint es bei ihr nicht zu geben. Und am Ende, auch wenn der Klappentext anderes vermuten lässt, wartet noch lange kein Happy End auf sie. Für eine eventuelle Fortsetzung ist jedenfalls noch genug Entwicklungspotential Queenies vorhanden…
Fazit: Eindrücklich und zugleich seltsam unkommentiert schildert Carty-Williams das Leben der jungen Queenie, die zerrissen zwischen ihren eigenen Idealvorstellungen vom Leben und der rassistischen Realität wird. Ein Buch, das rasant und spannend erzählt, und zugleich unbefriedigend wenig persönliche Entwicklung zeigt: In Queenie wird das Problem präsentiert und nicht die Lösung.
Weitere Stimmen zum Buch:
Petra von Literaturreich war etwas überzeugter als ich: „Und am Ende geht es nicht wie bei so vielen ähnlichen Romanen darum, „Mr. Right“ zu finden, sondern sich selbst. Eine große Leseempfehlung!„
Nadine und Alex von Letusreadsomebooks sehen in Queenie „einen ähnlichen Vibe wie Dolly Aldertons Buch Alles, was ich weiß über die Liebe. […] Queenie ist ein beeindruckend aktuelles Buch darüber, was es bedeutet, jung zu sein, Frau zu sein, Person of Color zu sein.„
Wiebke vom Mein Lesezeichen Blog ist dagegen wenig begeistert: „Queenies Geschichte ist realistisch, toxisch, aber sie ist auch leider sehr anstrengend und ist keine erzählerische Glanzleistung. Ich hätte nichts verpasst, wenn ich den Roman nicht gelesen hätte. „
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Queenie von Candice Carty-Williams
Aus dem Englischen von Henriette Zeltner-Shane
Erschienen im August 2020
544 Seiten
Hardcover (auch als Taschenbuch erhältlich)
Blumenbar