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[Rezension] (Un)geliebtes Landleben: „Klassenkampf“ und „Platzwechsel“ von André Herrmann
Voland & Quist stellte mir freundlicherweise „Platzwechsel“ für eine Rezension zur Verfügung und in diesem Zuge fiel mir auf, dass ich den ersten Band „Klassenkampf“ zwar gelesen hatte, da es sich nicht um ein Rezensionsexemplar handelte, hatte ich den Band jedoch nie besprochen. Das will ich nun in einem 2in1-Beitrag nachholen.
Klassenkampf
Eigentlich hat André sich geschworen nie wieder in seine Heimatstadt in der ostdeutschen Provinz zurückzukehren. Aber natürlich zieht es ihn immer wieder in die alte Heimat – Besuche bei der Familie, Weihnachtsfeste und die obligatorischen Klassentreffen, zu denen niemals jemand geht und wo sich im Laufe eines Abends dennoch alle begegnen.
Platzwechsel
Gerade als er denkt, dass ihn nun aber wirklich nichts mehr zurück in die Provinz zieht, erkrankt André Großvater an Demenz. Also besorgt André sich einen Job auf dem Land und ist mit einem Mal wieder viel näher an der kleinstädtischen Gemütlichkeit als er es ursprünglich wollte.
Gewohnt bissiger Humor
Vielleicht sollte ich zuerst einmal sagen, dass ich André Herrmann vor allem durch die Lesebühne Schkeuditzer Kreuz kenne, welche ich sehr gerne und regelmäßig besuche. Dementsprechend hatte ich mir von seinem Roman auch eher kürzere knackige Texte ähnlich dem Poetry Slam-Prinzip erwartet. Stattdessen erzählt Herrmann eine zusammenhängende Geschichte – und gleichzeitig auch wieder nicht. Die Romane (es handelt sich bei Platzwechsel um die Fortsetzung) haben zwar eine chronologische Abfolge und ein durchgängiges Thema, von einer klassischen Romanhandlung muss man aber nicht unbedingt sprechen. Stattdessen werden ländlicher Alltag und Familientreffen in verschiedenen Situationen vorgestellt, der Witz der Bücher rührt einerseits aus dem Gegensatz von Herrmanns inneren Gedanken und dem Handeln seines Gegenübers und anderseits aus der – nicht schlecht gemachten – verschriftlichten Umgangssprache. Vielleicht ist es für letztere hilfreich, wenn man Herrmanns Stimme zumindest im Kopf hat, ich konnte mir jedenfalls prima vorstellen, wie er einige der Szenen auf Lesebühnen-Auftritten vorträgt (was er auch tatsächlich getan hat, zumindest einmal war ich an einem solchen Abend anwesend). In diesem Sinne sollte ich wohl vielleicht tatsächlich eher die Hörbücher als die Bücher empfehlen, wobei bei Humor ja der Erzähler oder Sprecher sowieso immer elementarer Teil der Erzählung ist.
„Ich fass es ja nich!“, rief meine Mutter.
„Ist doch klasse!“, rief mein Vater. „Aber welche Note hatter denn bekomm‘?“
„Der hat sein Studium abjebrochn, Mensch!“, schrie meine Mutter.
Mein Vater blickte mich böse an. Ich deutete auf das umgedrehte Basecap auf meinem Kopf, um zu signalisieren, dass ich zur Notwehr bereit war.
„Und das erzählst du uns erst nach drei Tagen?“, rief meine Mutter. „Was fällt dir denn ein?“
„Na ja“, sagte ich, „eigentlich wollte ich damit noch drei, vier — Jahre warten und in der Zwischenzeit meine Dokumentenfälschungskenntnisse auf Vordermann bringen.“
Mein Vater stand wortlos da und blickte mich verständnislos an. Das Toben übernahm meistens meine Mutter. „DASDARFDOCHALLESNICHWAHRSEIN!“, rief sie.
Klassenkampf, Seite 33
Auch wenn André Herrmann aus Ostdeutschland stammt: Die Geschichten, die er erzählt, haben eher mit dem Unterschied zwischen Stadt und Land zu tun, als mit Ost und West. Ich selbst bin auch ein Landkind und habe mich in vielen Anekdoten wiedererkannt. In ländlichen Regionen ticken die Uhren eben ein klein wenig anders und man muss immer damit rechnen, dass mal eben ein Nachbar unangekündigt ins Wohnzimmer schneit. Ich hatte jedenfalls meine Freude mit beiden Büchern und wer ein paar kleine Spitzen gegen die Idylle des Landlebens aushält, dem wird es ähnlich ergehen.
Fazit: Landliebe und Landfrust liegen bei Herrmann dicht beieinander: In Klassenkampf und Platzwechsel erzählt er mit zwinkerndem Tonfall von Familientreffen und dem herrlich unaufregenden Landleben.
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Klassenkampf von André Herrmann
384 Seiten
Voland & Quist
Platzwechsel von André Herrmann
304 Seiten
Voland & Quist
Beide Titel gibt es auch als Hörbuch!
Platzwechsel habe ich vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen!
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