[Rezension] Politikbücher zum Einsteigen für junge Menschen: #tunwirwas, Macht Platz! und Darf man in einem Rechtsstaat auch links fahren
In den letzten Wochen habe ich einige politische Sachbücher gelesen, ein paar weitere werde ich demnächst noch lesen. Vorerst möchte ich euch in einer kleinen Sammelrezension ein paar Einsteiger-Titel zur politischen Teilhabe vorstellen!
Zum Anfangen: #tunwirwas
Der erste Titel ist ein absolutes Mitmach-Buch: #tunwirwas. Wie unsere Generation die Politik erobert lädt zum Mitmachen ein. Die beiden jungen Europa-Aktivisten Vincent Speer und Martin Herr beschreiben anschaulich wie sie selbst ihre aktivistische Arbeit begonnen haben. Ein ganz allgemeiner Abschreckungsfaktor ist oftmals der Gedanke, dass man selbst eigentlich gar keine ‚Politik machen‘ möchte. Anhand ihrer eigenen Ereignisse zeigen die beiden sehr schön, dass man sich im Großen wie im Kleinen für eine Sache engagieren kann und damit nicht gleich das Beitreten einer bestimmten Partei notwendig ist. Dennoch legen sie eher einen Schwerpunkt auf langfristiges Wirken und das Entwickeln eigener Kampagnen. Sie motivieren dazu, sich Gedanken zu machen, wo man etwas in seiner eigenen Umwelt verändern möchte, regen aber auch dazu an, größer zu denken, sich mit anderen zu vernetzen und gemeinsam viel mehr zu erreichen als man es als Einzelperson jemals könnte! Mit praktischen Tipps und Ideen für eigene Aktionen sinkt zudem die Hemmschwelle und Angst vor dem Anfangen. Immer wieder kommen auch befreundete Aktivist*innen zu Wort oder wird auch inspirierende Projekte hingewiesen, sodass man gleich jede Menge Input und Vorbilder für sich selbst findet!
Es geht um dich. Um dich als ein individueller Teil unserer Generation, der sogenannten Generation Y. Menschen wie du, die gerade am Anfang ihres Lebens stehen, voller Qualitäten und Talente und vielen Fragen an das Leben und die Welt haben. Es geht um eine neue Perspektive auf Politik und Gesellschaft. Und darum, wie wir politisch aktiv werden können, ohne unser ganzes Leben auf den Kopf zu stellen.
#tunwirwas, Seite 17
Fazit: Gibt Motivation und Ansatzpunkte für eine eigene aktivistische, ich scheue den Begriff politische, Arbeit. Sehr lesenswert für alle, die sich bereits mit dem Gedanken tragen etwas verändern zu wollen, aber nicht wissen wo sie anfangen können!
Zum Nachdenken: Macht Platz!
Wer macht eigentlich Politik in unserem Land? Oftmals doch diejenigen, die von der Zukunft und tiefgreifenden Veränderungen nicht mehr profitieren werden. Sie wollen daher lieber den Status Quo aufrecht erhalten, meint Madeleine Hofmann. Man könnte auch sagen, in ihrem Buch geht es um den Generationenkonflikt in der Politik, der provokante Titel deutet es bereits an: Macht Platz! Über die Jugend von heute und die Alten, die überall dick drin sitzen und über fehlenden Nachwuchs schimpfen. Hofmann stellt Jungpolitiker*innen verschiedener Parteien vor und beschreibt, wie diese zwar innovative Ideen haben, aber in Interviews doch nur gefragt werden, ob sie bei ihren Eltern oder in einer WG leben. Anhand der Trennlinie Alt gegen Jung beschreibt sie Mechansimen, die dafür sorgen, dass die aktuelle Politik eher eine Verwaltung denn eine Erneuerung vieler Themenbereiche darstellt. Dabei ist ihr Buch gespickt mit Statistiken über den Altersdurchschnitt im Bundestag und die Größe der Jugendverbände der Parteien sowie deren Alterszusammensetzungen. In gewisser Linie macht die Lektüre von Hofmanns Buch wütend über die Zustände und die Ohnmacht von jungen Politikinteressierten, auf der anderen Seite zeigt sie klar Mechanismen auf, gegen die es sich gemeinsam zur Wehr zu setzen gilt und Wut gibt ja bekanntlich auch jede Menge Energie! Im Prinzip ist ihr Buch eine Aufforderung an alle Parteien, die Jungen und Jugendverbände stärker in die politische Arbeit einzubeziehen, weil diese sich sonst außerhalb ihrer Parteien engagieren. Und das wird den Parteien (besonders in Punkto Zukunftsorientierung) nicht gut tun!
„Selbst schuld“, hört man abschätzig aus den Reihen der Alten. Sie tun weiterhin so, als suchten sie händeringend NachfolgerInnen, denn es gebe ja einfach nicht genügend motivierte junge Menschen. Wenn wir Jungen dann zur Stelle sind, spüren wir ganz schnell den Ellbogen, der uns von der Gruppe der EntscheiderInnen fernhalten soll. Er gehört den Alten, die ihr Revier verteidigen. In Wahrheit heißt es nämlich: Nachwuchs ja, aber erst, wenn die Alten selbst keine Lust mehr haben zu entscheiden.
Macht Platz!, Seite 16 (ebook-Version)
Fazit: Sehr lesenswerte Analyse über den aktuellen Politikbetrieb und die Frage, wer sich für die Interessen der Zukunft einsetzt! Eine ganz eigene Form von Gesellschaftskritik, bei der das öffentliche Denken immer noch von Begriffen wie Altersweisheit und fehlender Lebenserfahrung der Jungen beherrscht wird.
Zum Grundverständnis von Politik: Darf man in einem Rechtsstaat auch links fahren?
Politik und Staat sind ein komplexes Gebilde und dort einzusteigen fällt nicht so einfach! Florian Haase, selbst Rechtsprofessor, nimmt den Leser mit einmal quer durch das Grundgesetz und erklärt die Grundlagen unseres Staatswesens. Die Lektüre erfordert ein wenig Konzentration aufgrund der Komplexität des Themas, schlussendlich erhält man aber einen guten Überblick über viele Paragrafen und Zusammenhänge und kann so manchen Rechtsbegriff leichter verstehen! Der Humor ist, wie man aus dem Titel bereits schließen kann, sagen wir einmal, typisch juristisch, was sich mitunter etwas anstrengend liest, aber er ist erträglich und teilweise tatsächlich witzig. auf alle Fälle lockern Haases Einschübe die Fachsprache zumindest ein wenig auf. Wer mit Juristensprache allgemein wenig anfangen kann oder keine Geduld für komplexe Fachgebilde hat wird sich mit dem Buch allerdings wahrhaftig schwer tun, soviel sei zur Warnung gesagt!
Was ein Staat ist bzw. was einen solchen ausmacht, ist im Verhältnis mit anderen Staaten aus ersichtlichen Gründen von großer Bedeutung. Wird ein Staat innerhaltb der Staatengemeinschaft nicht als souverän anerkannt, können mit ihm beispielsweise keine Verträge oder Handeslabkommen geschlossen werden. Er könnte auch nicht Mitglied in völkerrechtlichen Vereinigungen werden. Sowohl für die vereinten Nationen als auch die Europäische Union ist es etwa zwingend, dass ihre Mitglieder als Staaten anerkannt werden.
Darf man in einem Rechtsstaat auch links fahren?, Seite 68
Fazit: Weniger humorvoll als tatsächlich umfassend das komplexe Feld Staatstheorie erklärend ist dieses Buch eine mögliche Grundlage für ein tiefergehendes Verständnis unserer Grundgesetzes und unserer Staatsform als solcher. Ein wenig Durchhaltevermögen sollte der Leser mitbringen, dann erfährt er viel Faktenreiches und einiges Erhellendes!
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Auf einen Blick:
#tunwirwas. Wie unsere Generation die Politik erobert von Vincent Speer und Martin Herr
Taschenbuch; 255 Seiten; Dromer Knaur
Macht Platz! Über die Jugend von heute und die Alten, die überall dick drin sitzen und über fehlenden Nachwuchs schimpfen von Madeleine Hofmann
Taschenbuch; 178 Seiten (im ebook); Campus Verlag
Darf man in einem Rechtsstaat auch links fahren? Ein unterhaltsamer Kurztrip durch unsere Staatsform von Dr. Florian Haase
Taschenbuch; 395 Seiten; Acabus Verlag
Alle drei Bücher habe ich als Rezensionsexemplare für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt bekommen. Ich danke den Verlagen sehr dafür!
2 Kommentare
Ida
Danke dir für diesen wunderbar informativen Beitrag! Von #tunwirwas hatte ich vorher schon gehört, aber die beiden anderen Bücher stehen jetzt auch noch auf meiner Wunschliste. 😀
Liebe Grüße und einen tollen Start in die neue Woche!
Ida
Jennifer
Liebe Ida,
freut mich, dass ich dich inspirieren konnte. #Tunwirwas ist wirklich das perfekte Buch um einsteigen, die anderen beiden sind auch sehr spannend, aber eben eher informierend (was ja nichts schlechtes ist).
Liebe Grüße
Jennifer